Islamische Fakultät im Interesse von Christenprivilegien

Islamischer Predigtbalkon in Tübingen, Foto: Luca Cinacchio

Islamischer Predigtbalkon in Tübingen, Foto: Luca Cinacchio

Heute eröffnet Bundesbildungsministerin Annette Schavan in Tübingen das erste Bildungszentrum für islamische Theologie an einer deutschen Universität. Es wird dabei viel die Rede sein von der Notwendigkeit eines europäischen, liberalen Islams und von fehlenden islamischen Religionslehrern. Nicht die Rede ist von den Interessen der christlichen Kirchen. Damit die nämlich ihre Privilegien gesichert bekommen – zum Beispiel die Aufsicht über Religionsunterricht und konfessionelle Uni-Lehrstühle -müssen die Muslime jetzt mal dasselbe erhalten. Werdet so wie wir. Dann können wir bleiben wie wir sind.

Eine nicht so unwahrscheinlicher Blick in die Zukunft, aus dem Kirchenhasserbrevier (Heyne Verlag, 2010):

„Pressemitteilung: Stuttgart, 8. Juni im Jahr 2032 nach Christi Geburt, genau 1400 Jahre nach Mohammeds Tod
Heute ist mit der Übergabe der Ratifizierungsurkunden das erste Konkordat eines Bundeslandes mit der vor acht Jahren gegründeten deutschen Islam-Union in Kraft getreten.

Der evangelische Ministerpräsident Ayyup Özdemir und der Großmufti der deutschen islamischen Zentralunion, Helmut Schulz, würdigten den Staatsvertrag als einen Beweis dafür, wie gefestigt die guten Beziehungen zwischen dem Staat und der islamischen Religionsgemeinschaft inzwischen seien. Das erlaube es, endlich die Muslimische Gemeinschaft in Deutschland, die zehn Prozent der Bevölkerung vertritt, mit der evangelischen und der katholischen Kirche gleichzustellen.

Im Einzelnen sieht das Konkordat Folgendes vor:

  • Die muslimische Zentralunion darf eigene Gesetze erlassen, Gebühren einziehen, eine eigene Gerichtsbarkeit für ihre Angelegenheiten errichten. Die staatlichen Gerichte leisten Vollstreckungs- und Amtshilfe.
  • Die Muslime dürfen eine Islamsteuer erheben, die von den baden-württembergischen Finanzbehörden für sie eingezogen wird.
  • Außerdem dürfen sie ohne Extra-Genehmigung Spendensammlungen veranstalten.
  • In Anerkennung jahrzehntelanger Benachteiligung von muslimischen Einwanderern löst der Staat seine Verpflichtungen ab, indem er Pauschalen für Gehälter der Muftis von Mannheim, Stuttgart und Ulm zahlt.
  • Außerdem ist er zuständig für den Erhalt der Mannheimer und der Pforzheimer
  • Moscheen. Moscheen erhalten Zuschüsse für die Pflege ihrer Baudenk­mäler.
  • Die Religionsfreiheit der deutschen Muslime wird gewähr­leistet.
  • An den Schulen wird nach den Grundsätzen der Islam-Union gestalteter islamischer Religionsunterricht gelehrt und vom Staat finanziert. Die Islam-Lehrer müssen die Lehrerlaubnis der Islam-Union besitzen und werden von ihr bestimmt.
  • An drei Universitäten werden Lehrstühle in islamischer Theologie vom Staat errichtet und finanziert. Die Inhaber eines allgemeinen Lehrstuhles für Philosophie und eines für Ethik müssen den Ansprüchen der Islam-Union genügen und vom Großmufti genehmigt sein.
  • In Pforzheim wird eine islamische Universität errichtet, die der Staat zu 90 Prozent finanziert.
  • Neben Religion werden dort Sozialarbeit und Sozialpädagogik, Wirtschaftswissenschaften und Humanwissenschaften gelehrt.
  • Die Islam-Union darf eigene Hochschulen errichten, die bei der staatlichen Förderung angemessen berücksichtigt werden.“

Undenkbar? Einen entsprechenden Vertrag hat das Land Baden-Württemberg mit den beiden evangelischen Landeskirchen von Baden und Württemberg noch im Jahre 2007 abgeschlossen.34
Er enthält Paragrafen, die denen aus dem (noch) fiktiven Vertrag mit der »Islam-Union« gleichen. Andere Paragrafen sind dem Bayernkonkordat entnommen, wie zum Beispiel der Absatz über die Universität – in dem Fall die katholische Universität Eichstätt. Mit den genannten Punkten ist der Umfang der staatlichen Verträge mit den Kirchen aber noch längst nicht abgehandelt.

Weiter geht’s, Punkt für Punkt analog zu den Kirchenverträgen:

  • „Der islamische Wohlfahrtsverband wird den anderen gleichgestellt und hat Vorrang vor staatlichen Trägern bei der Erfüllung seiner Aufgaben.
  • Der Staat sorgt dafür, dass die Islam-Union im Südwestrundfunk und in den regionalen Privatsendern Zeiten für Verkündigungssendungen bekommt.
  • Das Freitagsgebet und der Ramadan werden nicht durch staatliche Gesetze beeinträchtigt.
  • Die islamischen Vereinigungen erhalten alle Rechte einer Körperschaft öffentlichen Rechts.
  • Die Imame der Islam-Union haben garantierten Zugang zu Krankenhäusern, Altenheimen, der Polizei und Justizvollzugs­ anstalten, um sich dort seelsorgerisch zu betätigen und religiöse Veranstaltungen abzuhalten.
  • Aus Gründen der ›Parität‹ – also, weil die christlichen Kirchen ebenso behandelt werden – erhält die Islam-Union pro Jahr rund 20 Millionen Euro aus dem Landesetat. Der Betrag steigert sich zu festgelegten Prozentsätzen jährlich. Er wird zusätzlich dann erhöht, wenn die Beamtenbesoldung des Landes steigt und wenn die Zuschüsse zur katholischen oder der evangelischen Kirche steigen.
  • Genau wie staatliche Stellen braucht die Islam-Union keine Gebühren für staatliche Verwaltungsleistungen bezahlen.

Der Vertrag ist nicht befristet und enthält keine Kündigungsklausel. Änderungen sind nur einvernehmlich möglich.

Die zuständige Kultusministerin würdigte beim Austausch der Urkunden insbesondere die im Schulgesetz festgelegte Selbstverpflichtung des Landes, „die Jugend in der Ehrfurcht vor Gott zu erziehen.“

Das Zitat der fiktiven Kultusministerin ist nicht fiktiv. Es stammt von der früheren nordrhein-westfälischen Schulministerin Barbara Sommer. Eine Französin, der ich es vorgelesen habe, hat laut aufgelacht und wollte es zuerst gar nicht glauben. In Frankreich, wo Religion und Staat konsequenter getrennt sind, wäre es völlig undenkbar, dass ein Regierungsmitglied eine solche Äußerung machen würde.
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Es ist heilsam, einmal aus der Distanz, die die meisten Leser zum Islam haben, über die Vertragsklauseln nachzudenken.

Warum um Allahs willen sollte der Staat einen solchen Vertrag abschließen, der die säkulare Allgemeinheit nur Geld kostet, ihr aber keine Vorteile bringt? Denn genau so sind die »Staatskirchenverträge« beziehungsweise Konkordate gestrickt, welche die diversen deutschen Staaten in den vergangenen 200 Jahren mit den Kirchen geschlossen haben, und zwar bis in die Neuzeit.

Alle Bundesländer haben ähnliche Verträge mit beiden Kirchen geschlossen, und für die Bundesrepublik insgesamt wurde das Hitlerkonkordat mit dem Vatikan für weiterhin gültig erklärt. Der real existierende Vertrag Baden-Württembergs mit den beiden evangelischen Kirchen des Bundeslandes aus dem Jahre 2007 gilt als die vorerst jüngste »Lückenschließung« im deutschen »Staatskirchenrecht« und ist den Verträgen mit den katholischen Diözesen Freiburg und Rottenburg-Stuttgart ähnlich.

Die Kirchen bekommen selbstverständlich mehr Zuschüsse als die fiktive »Islam-Union«.

Im Jahr 2010 erhält die württembergische Kirche aus dem Vertrag 37,7 Millionen Euro (plus zwei Millionen für die evangelische Seminarstiftung), die badische Kirche 13,8 Millionen. Die katholische Diözese Freiburg erhält 25,5 Millionen Euro, die Diözese RottenburgStuttgart 25,6 Millionen. Macht insgesamt mindestens 104,6 Millionen Euro im Jahr 2010 allein aus dem baden-württembergischen Landesetat für die beiden großen christlichen Kirchen. Andere millionenschwere Kosten müssen noch hinzu­ gerechnet werden – für Leistungen, die in Zusatzverträgen und Protokollen penibel aufgelistet sind, beispielsweise für die 15 evangelischen theologischen Lehrstühle in Heidelberg und Stuttgart, die der Staat garantieren und bezahlen muss.

Ulli Schauen

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