Sollte Ursula von der Leyen tatsächlich zur Kandidatin für das Bundespräsidentenamt nominiert werden, so wäre wieder einmal eine große Fürsprecherin der Kirchen auf dem Weg ins höchste Staatsamt. Die Protestantin von der Leyen ging als Familienministerin so weit, dass sie 2008 die Schirmherrschaft über das missionarische „Christival“ der evangelikalen Protestanten übernahm. Und 2006 lud sie zu einem »Bündnis für Erziehung« zunächst ausschließlich die beiden christlichen Kirchen ein.
Begründung war die Macht des Faktischen: 72 Prozent der nichtstaatlichen Kindergärten seien nun mal in konfessioneller Hand, sagt Frau von der Leyen. Außerdem: „Unsere gesamte Kultur gründet sich auf die christliche Kultur.“ (Kirchenhasserbrevier, S. 262).
Die Verflechtung der protestantischen Kirche mit dem höchsten Staatsamt hat eine lange Tradition. Gustav Heinemann und Johannes Rau, Roman Herzog und Friedrich von Weizsäcker waren alle in hohen ehrenamtlichen Funktionen bei den Evangelischen. Entweder sie saßen in der Synode der EKD (Herzog und von Weizsäcker, letzterer sogar im Rat der EKD) oder sie waren Vorsitzende von Evangelischen Kirchentagen (Weizsäcker – Heinemann, neben weiteren Funktionen).
Johannes Rau war, wenn wikipedia nicht irrt, sogar während seiner Amtszeit als NRW-Ministerpräsident in der Synode, dem entscheidenden Gremium der Rheinischen Landeskirche (von 1965 bis 1999) und zeitweise Stellvertreter in der rheinischen Kirchenleitun. Roman Herzog hat außerdem fünf Jahre lang (1978-1983) den Evangelischen Arbeitskreis der CDU geleitet und von 1981 bis 1994 die Wochenzeitung „Christ und Welt / Rheinischer Merkur“ mit herausgegeben.
Horst Köhler hingegen scheint seine Neigung zur Kirche erst während seiner Präsidentschaft ausgelebt zu haben, zum Beispiel mit den üblichen Besuchen auf dem evangelischen Kirchentag und Kanzelansprachen/Predigten.
Auffällig ist, dass bisher nur ein Bundespräsident katholisch war – Heinrich Lübke. Die Protestanten haben in Deutschland traditionell eine größere Staats- und Politiknähe. Von den beiden FDP-Präsidenten Theodor Heuss und Walter Scheel sind auf wikipedia keinerlei religiöse Aktivitäten vermerkt.
Nach dem Rücktritt von Horst Köhler, vom höchsten Amt in der Bundesrepublik Deutschland soll es nun die Ursula von der Leyen machen. Bis auf ihre Zensurmanie scheint sie mir eine recht patente Frau zu sein. Nun wir werden sehen, wie sie sich im Amt macht. Bei ihr scheint aber nicht die Gefahr bestehen, dass sie wie der Köhler Fahnenflucht begeht.