Schlagwort-Archiv: Papst

Rasterfahndung gegen Papstmessebesucher

Anmeldeformular der Bischöfe im Web

Anmeldeformular der Bischöfe im Web

Eine „unzulässige Rasterfahnundung“ nennt der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert das, was die katholische Kirche in Deutschland mit den Besuchern der Papstmessen beim Besuch von Benedikt XVI in Deutschland macht. Alle müssen sich anmelden und persönliche Daten angeben, die sie eindeutig identifizierbar machen durch Angabe von Geburtsort und Geburtstag. 175.000 Anmeldungen hat die Kirche schon gesammelt für die Papst-Events in Berlin, Freiburg und Münster. Tausende von ihnen müssen damit rechnen, dass ihre Daten einer Zuverlässigkeitsüberprüfung durch das Bundeskriminalamt unterzogen werden – eine Tatsache, auf die sie nicht hingewiesen werden. Weiterlesen

Kleine Dogmengeschichte für Kirchenkritiker

Hans Memling: das jüngste Gericht (Detail)

Hans Memling: das jüngste Gericht (Detail)

Wie könnte es anders sein: Das, was die Kirchenanhänger bitteschön glauben sollen, ist nicht vom Himmel gefallen. Die theologische Wahrheit – sie ist nicht göttlich, sondern sehr relativ und gebunden an die Zeitläufte. Sie wurde von Kirchenfunktionären in langen Konferenzen beschlossen. Die „Dreifaltigkeit“ Gottes (Vater, Sohn und Heiliger Geist) währt noch nicht ewig, sondern „erst“ seit 325 nach Christus. Und Maria ist für die Katholiken erst seit dem 19. Jahrhundert eine Erlöserin. Eine kleine Aufstellung von Kirchenhasser.de über das, was die christlichen Kirchen für wahr erklären, manchmal aus philosphisch-theologischen Erwägungen, manchmal auch als Ergebnis von Machtkämpfen.

325 Die Trinitätslehre wird beschlossen. Gott ist kirchenoffiziell nun Vater, Sohn und Heiliger Geist gleichzeitig. Bis heute versteht das keiner, aber nach Meinung von Forschern ging es wohl eher darum, dass die eine Fraktion in der christlichen Kirche auch in Glaubensfragen über die andere siegen musste. Denn gleichzeitig wird auf dem Konzil von Nicäa die christliche Kirche zur Staatskirche

418 und danach: Die Konzile von 418, 431 und 529 beschließen die Sünde der Menschen und Gnade Gottes. Sie stärken außerdem die Macht des römischen Bischofs, der nur der Legende nach ein Nachfolger des Apostels Petrus ist.

431 Maria wird zur Mutter Gottes (also nicht nur des Jesus) erklärt, durch das Konzil von Ephesus.

553 Marias jungfräuliche Empfängnis, beschlossen vom Konzil von Konstantinopel

590-604 Die Macht des Papstes festigt gegenüber anderen Bischöfen Papst Gregor I.

1139 Der Pflichtzölibat für den Klerus – beschlossen vom Laterankonzil, zuvor auch 1075 auf der „Fastensynode“ von Gregor VII. verkündet.

1215 Die Wandlung: Das Abendmahlsbrot ist TATSÄCHLICH als der Körper von Jesus anzusehen, und zwar seit dem vierten Laterankonzil

1439 Die sieben Sakramente. Das Konzil von Florenz legt fest, dass Gott durch die Kirche sieben heilige Sakramente spendet: Taufe, Firmung, Abendmahl, Buße, Salbung, Priesterweihe und Ehe.

2010 in Gdansk: Schüler lernen mit Hans Memling Sünde, Vergebung und Verdammnis - und Alpträume

2010 in Gdansk: Schüler lernen mit Hans Memling Sünde, Vergebung und Verdammnis - und Alpträume, Foto: Ulli Schauen

1530 Der Mensch ist von Natur aus sündig. Die „Erbsünde“ findet die „Augsburger Konfession“ der lutherischen Protestanten wichtig, manche andere Dogmen werden hingegen verworfen: „Wir lehren, dass nach dem Fall Adams alle Menschen, die auf natürliche Weise geboren werden … Verdammnis und ewigen Tod über diejenigen bringt, die nicht durch Wasser und Geist wieder geboren werden.“ Die Confessio Augustana legt einen ganzen Reigen von Glaubenssätzen fest, unter anderem über den „gerechten Krieg“, die für die lutherischen Protestanten bis heute gelten sollen und bekräftigt manche von ihnen, indem sie Abweichler mit dem Fluch der Verdammnis bestraft („Anathema“)

1854 Die „unbefleckte Empfängnis“ Mariens zur Vermeidung ihrer Erbsünde ist dem Papst Pius IX so wichtig, dass er sie in einer „Bulle“, einem päpstlichen Schreiben für verbindlich erklärt – gegen den Rat der deutschen und österreichischen Bischöfe

1870 wird der Papst zum „wahren“ Stellvertreter ‚Christi‘

1870 Der Papst ist unfehlbar, so beschließt das erste vatikanische Konzil

1870 noch ein Beschluss: Maria ist „Miterlöserin“

1950 Maria ist mit ihrem Körper in den Himmel aufgenommen worden („leibliche Aufnahme“). Das legt Papst Pius XII. fest

Die unterschiedlichen Dogmen der verschiedenen protestantischen Kirchen (lutherisch, reformiert… ) werden hier nicht auseinander gedröselt. Stattdessen ein Zitat, das in schöner Weise verdeutlicht, wie Protestanten Gläubige klein und mit Hilfe von Gewissens-Kreisverkehren in Abhängigkeit halten können:

„Rechte Demut weiß nimmer, dass sie demütig ist; denn wo sie es wüsste, so würde sie hochmütig von dem Ansehen der selben schönen Tugend.“ (Martin Luther) Erwischt.

(Quellen:
Bernhard Lohse: Epochen der Dogmengeschichte, 5. Aufl., Berlin 1983
Norbert Scholl: Die großen Themen des christlichen Glaubens. Darmstadt 2002
Martin Schuck: Basiswissen evangelisch – katholisch. Gütersloh 2001
)

Der Fall Mixa und das System Kirche

Kleiner Mixa-Mix – Sedisvakanz. Installation von Wolfgang Keller, Mai 2010

"Kleiner Mixa-Mix – Sedisvakanz". Installation von Wolfgang Z. Keller, Mai 2010, Antiker Barocksessel, aufgerichtet, Teppichklopfer, Bischofsschuhe, HBT 91 x 73 x 80 cm

Nicht Bischof  Walter Mixa ist das Problem. Das Problem ist, dass ein feudalistisches System wie die katholische Kirche solche Menschen wie ihn in eine Position bringt, wo sie frei schalten und Unheil anrichten können. Eine Position, aus der ihn niemand anderes entlassen kann als ein einzelner Mann – der Papst.

Dass ein Vorgesetzter seine Untergebenen sexuell bedrängt, wie es Mixa mit mindestens einem Priester getan haben soll – das kommt in vielen Unternehmen vor.  Dass eine Führungskraft die Kasse seines sozialen Projektes für Luxusanschaffungen zweckenfremdet – keine Spezialität der Kirchen. Dass leitende Angestellte Schutzbefohlene mit Worten und Taten misshandeln, wie es Mixa vorgeworfen wird – auch das kommt nicht nur bei den Kirchen vor.

Doch was all den Amtsmissbrauch erleichtert und oft auch verschlimmert, ist die Kirchenhierarchie. Ein Bischof steht in der vierten Hierarchieebene dieser Institution – wovon die beiden ersten – Gott und Petrus dauerabwesend und schweigsam sind. Niemand als der Papst ernennt ihn, nach Konsultationen mit dem Kirchenapparat. Wenn der Bischof erst einmal auf  seinem Stuhl sitzt, dann hat er – allen Diözesanräten zum Trotz – absolute Macht in seinem Bistum. Er ist oberster Gerichtsherr und oberster Arbeitgeber, er erlässt Gesetze und Verordnungen und hat Verfügungsgewalt über die Kasse des bischöflichen Stuhls.  Die staatlichen Gesetze garantieren ihm in seiner Verwaltung absolute Bewegungsfreiheit, der Bischof kann heuern und feuern wie er mag. Mitwirkungsrechte und Transparenz lässt der Bischof zu, wie er mag – und entzieht sie gegebenenfalls auch wieder.

In seinem Reich versprechen höfische Günstlingswirtschaft,  Geraune und Mobbing, Liebedienerei und Falschheit mehr Karrierereerfolg als eine ernsthafte Arbeit „am Weinberg des Herrn.“ Wenn der Bischof ein „guter“, ein „weiser“ Fürst ist, dann fällt seine allumfassende Macht nicht so sehr auf – Laien und Klerus schätzen und verehren ihn. Womöglich lässt sich mit ihm trefflich reden und offen diskutieren. Doch auch ein weiser Fürst bleibt absolutistischer Herrscher. Alles was unter ihm gedeiht, kann sein Nachfolger schon wieder zunichte machen.

Und was können die Leidenden der katholischen Kirche gegen einen Mann vom Schlage Mixas machen? Es bleibt ihnen nichts anderes als Geraune und Anpassung, Larvieren und Nichauffallen. Einen Erfolg versprechenden Kanal für ihre Unzufriedenheit haben die „Schafe“ nicht, die unter einem solchen  „Hirten“ leiden. Sie laufen Gefahr, dass ihnen das Fell geschoren und dass sie geschlachtet werden, wenn es dem Hirten gefällt.

Ganz selten ist es, dass sie – wie nun b ei Mixa – ihre Chance bekommen. Dann aber nützen auch den Untergebenen des Bischofs die Mittel, die sonst ihm zu Diensten stehen: Mobbing und Intrige. Das ist das Tragische am Fall Mixa. Vor über zehn Jahren haben Vertraute aufgeschnappt, wie er angeblich einen Priester im Urlaub homophil bedrängte. Jetzt erst hat diese lange gehütete Information Folgen. Seit langem gilt ein Alkoholproblem Mixas als offenes Geheimnis. Seine Selbstherrlichkeit und Selbstüberschätzung haben alle erleben können, die von ihm gelesen haben oder ihn im Fernsehen sahen. Doch so lange der Schein nach außen gewahrt bleiben konnte, blieb Mixa wo er war – ganz oben. Es in der Kirchenhierarchie keine eingebauten Mechanismen der Korrektur.

Bischöfe gelten via Papst als von Gott eingesetzt – wer darf an so einem Gottesvertreter herum  kritteln? Deshalb ist es in letzter Instanz die Bezugnahme auf einen absoluten Gott, der diesem Apparat im Wege steht. Es ist ein dem System Kirche innewohnender, nicht zu beseitigender Fehler.

Ulli Schauen

(Die Installation auf dem Foto wurde im Mai 2010 in Schrobenhausen ausgestellt, dem früheren Wirkungsort des Stadtpfarrers Walter Mixa – zur Website des Künstlers Wolfgang Z. Keller)

ER missbraucht nie – aber seine Leute tun es

Seeminen

Foto: Rodolfo Clix

In seinem Hirtenbrief an die irischen Bischöfe (Schande und Reue fühlen „wir alle“ angesichts tausendfachen Kindesmissbrauchs durch die Kirchenvertreter, schreibt der Papst darin) richtet sich Benedikt XVI auch an die Kinder und Jugendlichen in Irland – und verweist unkritisch auf das, was den Kindesmissbrauch unter dem Dach der Kirche so leicht macht.

„Wir sind alle skandalisiert von den Sünden und dem Versagen von einigen Mitgliedern der Kirche, besonders durch die derer, die eigens dazu ausgesucht waren, jungen Menschen zu dienen und sie anzuleiten“, schreibt der Papst – und schiebt damit wieder einmal die Schuld Einzelnen zu, nicht irgendeinem Aspekt des Kirchensystems. Diesen grammatischen Gebrauch des Begriffes „Skandal“ lese ich übrigens hier das erste Mal. Ja, es ist ein Skandal, aber was beschreibt es, wenn man von skandalisierten Personen spricht.

Dann fährt der Papst fort und mahnt unbedingtes Vertrauen an – Vertrauen in Jesus.

„Er liebt Euch und er hat sich am Kreuz für Euch hingegeben. Sucht eine persönliche Beziehung zu ihm in der Gemeinschaft der Kirche, denn er wird nie Euer Vertrauen missbrauchen!“

und:
„…es ist die Kirche, in der Ihr Christus findet, der derselbe ist, gestern, heute und morgen.“

Das ist das Problem. Ganz sicher missbraucht Jesus niemanden (wie sollte er das auch schaffen) – aber er erscheint seinen Anhängern ja durch seine Stellvertreter in DER  Kirche Benedikts.Diesen Jesus-Vertreter auf Erden kommt genau das unbedingte Vertrauen ihrer Opfer zupass, wenn sie sich an Kinder und Jugendliche heran machen.

Der Hirtenbrief im Wortlaut